Noch ein Kanal und dann wieder nach „Hause“

11. September 2022 | 1 Kommentar

Am Montag geht es weiter im Vänern: Zuerst Flaute, dann etwas Wind, dann wieder Flaute und dann doch noch ein schöner Wind-Schubs bis zum Slott Läckö, unserem heutiges Tagesziel. Vor schönster Kulisse und immerhin 22° C verbringen wir eine ruhige Nacht. Unsere Götakanal-Schleusenpartner mit der schönen “Esprit“ aus Kiel finden am Abend auch noch hierher. Am nächsten Morgen werden noch das Schloss und der leider etwas verwilderte Schlossgarten besucht.

Slott Läckö

Am Dienstag glänzt der Vänern wiederum mit Flaute: Wir fahren durch die schönen Schären bis uns am Nachmittag doch noch etwas Wind in den kleinen Hafen von Dalbergså bringt. Hier liegt schon ein schwedisches Segelboot aus Vänersborg, die Leinen werden aber mit klarem Deutsch entgegen genommen: Die Crew ist vor sechs Jahren nach Schweden ausgewandert. Der nahe gelegene Campingplatz hält hier auch die Infrastruktur in Schwung – im Läckö Slott war nix (dafür musste das dortige Naturum für dringende Bedürfnisse herhalten). Der Skipper hat nun auch endlich den Sjöwall/Wählöö “Die Tote im Götakanal“ fertig gelesen (geschrieben 1965 – lohnt sich, das wieder zu entdecken).

Zopf #2 von Nadja

Es wird kalt in Schweden! Am Mittwochmorgen starten wir bei 13° C wiederum mit Flaute und Motor in Richtung Vänersborg. Da uns unsere beiden Gästinnen am Donnerstagmorgen in Richtung Göteborg verlassen werden, nutzen wir die Gelegenheit, auch die ersten fünf Schleusen des 82 km langen Trollhättan-Kanals nochmals gemeinsam in Angriff zu nehmen. Da hier aber (Fracht-) Schiffe bis 88m Länge geschleust werden, ist das eine etwas andere Liga als der Götakanal. Abwärts geht es sowieso etwas ruhiger zu und her und hier werden die Schleusen von unten geflutet, was fast keine Turbulenzen verursacht. Dafür sind die Höhenunterschiede deutlich grösser – wir haben aber den Dreh bald raus und kommen mit einem Bootshaken am Bug und einer laufend gefierten Leine am Heck problemlos runter. Meist sind wir auch hier nur zu zweit mit einem kleinen deutschen Segelboot aus Lübeck. Wir kommen bis Lilla Edet, wo 1607 die erste Schleuse in Schweden gebaut wurde. In Lilla Edet gibt es keine Infrastruktur (wie der Hafenführer richtig vermerkt), also nutzen wir dieselbe nach dem Nachtessen in Ben‘s Burger, wo wir auch sehr feine Burger bekommen.

Flaute auf dem Väner
Variante Kippbrücke
gekippt!
Hubbrücke
Ben‘s Burger

Am Donnerstamorgen reduziert sich die Crew wieder auf uns zwei, unsere zwei Freundinnen verlassen uns nach zwei spannenden Wochen. Wir meistern aber auch die letzte Schleuse zu zweit mit Bravour. Dafür gibt es noch einige Brücken zu meistern und entgegen kommenden Frachtschiffen auszuweichen. Der grosse Ärger ereignet sich bei der Jordfall-Brücke: zuerst wird unser mehrmaliger Funkanruf (VHF-Kanal 9 auf dem ganzen Kanal) ignoriert (wegen Mittagszeit?) und dann dauert es auch nach einer erfolgreichen Kontaktaufnahme nochmals rund 30 Minuten, bis sich die Brücke endlich öffnet. Wir drehen also Kreise um Kreise (einen Wartesteg gibt es nicht) und damit ist auch unser Ziel, die Hisingsbron in Göteborg zum Öffnungstermin 14:35 zu passieren, endgültig dahin.

Kreise fahren für 55 Minuten!

Nachdem auch die Marieholmsbroarna-Doppel-Eisenbahnbrücke in Göteborg uns nochmals 25 Minuten warten lässt, erreichen wir Hisingsbron etwa 30 Minuten zu spät. Zwischen 15 und 18 Uhr wird nicht geöffnet! Dass das 2021 erstellte Bauwerk nun nur noch 12 Meter lichte Höhe aufweist (unter der Vorgängerbrücke hätten wir locker unter 18,3 Metern durchgepasst) ist vielleicht eine architektonische Meisterleistung, aber behindert den Sportschiffsverkehr mit den wenigen Öffnungszeiten nun erheblich. Wir warten also in der hier wenigstens vorhandenen Anlegestelle satte dreieinhalb Stunden, bevor sich das neue Wunderwerk in die Höhe hebt und uns gnädigerweise passieren lässt. Da es nun auch hier im Norden früher dunkel wird, fahren wir gleich nach der Brücke in den Gästehafen von Lilla Bommen, quasi downtown Göteborg.

Hisingsbron angehoben!
Lilla Bommen by night

Die Wetterprognose für Freitag ist schlecht: Regen den ganzen Tag und Wind bis 30 Knoten auf der Strecke nach Norden. Wir schalten einen Hafentag ein, waschen die arg strapazierten Fendersocken, flanieren ein bisschen durch das regnerische Göteborg, genehmigen uns einen Schluck in der Champagnerbaren und geniessen spätabends ein vorzügliches Kanal-Abschlussessen im Carbon. Mit gleich drei Segelschiffen ist der Gästehafen hier in Schweizer Hand (abgesehen von den nach Saisonschluss nun zahlreichen liveaboards in den ulkigsten Gefährten).

Iberico Bellota 36 months @ Carbon
Octopus @ Carbon
Wild Patagonian Praws @ Carbon

Am Samstag geht es Richtung Norden: Nachdem die Ausfahrt aus dem Fähren-Fahrwasser gemeistert ist, geht es mit Gross und Genua bei schönem Ostwind und bis zu 7,5 Knoten Fahrt vorbei an Marstrand und wir erreichen kurz nach 14 Uhr Skärhamn. Hier können wir die letzte Wäsche erledigen – dieses Jahr stehen uns hier sogar drei neue Waschmaschinen und Tumbler zur Verfügung!

Ende Saison für die Götakanal-Schiffe Juno und Diana

Der Sonntag ist sonnig und schwachwindig: Wir geniessen die letzten fünf Stunden dieses Jahres auf der Matariki auf dem vertrauten “Heimweg“ durch die “nackten“ Schären (nicht so bewaldet wie in den Ostschären) nach Vindö. Nun stehen wie immer Ende Saison die vielfältigen “Klar Schiff“ Aktivitäten an – es hat sich doch einiges angesammelt in den letzten vier Monaten.

Wir haben dieses Jahr rund 1‘400 Seemeilen (2‘600 km) zurückgelegt, an 86 verschiedenen Orten mit dem Schiff angelegt und dabei viele schöne und spannende Erfahrungen gesammelt und neue Bekanntschaften geschlossen. Die Entdeckung der Ostseite Schwedens im Genusssegler-Modus hat sich für uns gelohnt – wir werden das sicherlich nochmals vertiefen!

Unsere Heimreise per Auto über Dänemark und Deutschland wird gemütlich: Wir bewundern die Grosse Belt Brücke von Land aus, besuchen das Nolde-Museum, dinieren im Restaurant Bind (Tipp von Annelies), sehen uns Kappeln und Kiel und den Spessart an und fahren weiter nach Süden in Richtung unseres Land-Zuhauses.

1 Kommentar

  1. Josef Schmidt

    Einmal mehr habe ich das Mitsegeln genossen – auch die verschiedenen Brücken. Was mich auch erfreute: Die Bilder, die zeigen, dass auch die nordische Küche durchaus eine Reise – und einen Besuch – wert ist.
    Also Gratulation zu den 2,600 Reisekilometern, die Ihr so genüsslich verbracht hat.
    Der Schlussappell „Klar Schiff“ erinnert mich freilich daran, auch meine Herbst-Organisation in Angriff zu nehmen: von Arztterminen bis zum ZOOM tai chi!
    Euch eine vielfältige und sichere Reise in heimische Gefilde auf dem Festland.
    Josef