Am Montag, 26. Mai, geht es weiter nach Bergen, wo wir bis Freitag bleiben. Wir werden zwar von der Strömung gut geschoben, aber das Wetter spielt dann aber gar nicht mehr mit und schüttet uns kurz vor Bergen eine rechte Ladung Eis in Form von Graupeln auf das Boot. Wir sind nun also „Eisbrecher“ bzw. „sailing on the rocks“ wie Freunde die entsprechenden Bilder kommentieren. Statt in den Stadthafen fahren wir in den Marieholmen Gästesteg. Dazu muss allerdings eine 5 Meter hohe Fussgängerbrücke zu festen Durchfahrtszeiten geöffnet werden, was mit einer E-Mail erledigt wird und bestens klappt. Im Hafen finden wir ein gutes Plätzchen neben einigen Dauerliegern (obwohl man laut Information des Hafens maximal 10 Tage dort liegen und während dieser Zeit auch nicht „auswärts“ wohnen darf). Unsere Nachbarn sind Jugendliche, welche in unterschiedlicher Besetzung auf dem kleinen, kaum segeltüchtigen Böötchen nächtigen und auf der anderen Seite ein Mann, der am Tag irgendwo in Bergen arbeitet. Am Dienstag wird die weitere Route etwas vorgeplant und das dolce far niente genossen – das Nachtessen im angesagten und entsprechend voll gebuchten „Marg&Bein“ schmeckt ausgezeichnet (das grosse Markbein war leider nicht in unserem Fischmenu). Wir nutzen auch am Mittwoch die vom regionalen ÖPNV angebotenen E-Scooter: Es stehen diverse Einkäufe und der Besuch eines Bootsladen auf dem Programm, denn am Auffahrts-Donnerstag sind alle Läden geschlossen. Danach erkunden wir die nahegelegene Innenstadt und den Stadthafen (samt Chilbi). In der „Brygge“ findet sich ein schöner Norwegerpullover und wir feiern das mit einem Essen in „To Kokker“, einer schön auf authentisch getrimmten Gaststätte in den alten Hafenkontoren.












Am Donnerstag, 29. Mai, treffen Urs und Christiane in Bergen ein. Wir holen sie an der S-Bahnhaltestelle „Florida“ ab, welche gleich neben unserem Gästehafen liegt. Nach dem Einleben an Bord gibt es eine Pizza auf der andern Seite der Brücke beim Italiener (der zwar schon mehrere Jahre hier arbeitet aber tatsächlich am nächsten Tag nach Torino zu seiner Familie fährt).
Am Freitag machen wir nach der Brückenöffnung um 10 Uhr noch eine kleine Sightseeing-Runde im Stadthafen bevor wir mit gutem Wind nach Norden weitersegeln. Es werden einige Wenden im Fjord notwendig bevor wir die Bucht in Toska erreichen – dies war beim Törn im Jahr 2019 unsere nördlichste Position. Mittlerweile hat ein Segelverein in der hinteren Bucht einen Anlegesteg gebaut, den wir nun auch nutzen. Auf das Wochenende haben noch zwei weitere norwegische Segelboote aus der näheren Umgebung hierher gefunden. Ein weiteres Boot liegt vor Anker in der Bucht, da es die zulässige Grösse von 40 Fuss für den Steg überschreitet; sie müssen ihren Hund einige Male mit dem Dinghy an Land fahren.





Unser nächstes Ziel ist Fedje, das nach Auskunft eines Stegnachbarn „sehr beliebt aber auch oft voll“ sei. In der Tat finden wir nach einer Flautefahrt in schönstem Sonnenschein kaum ein brauchbares Plätzchen, als glücklicherweise gegen Mittag gleich zwei Segler wieder aufbrechen. Wir machen in der kleinen Marina fest und beginnen mit der Inselerkundung. Es stellt sich heraus, dass die Selbstbedienungsfähre nur mit echten norwegischen SMS bestellt bzw. bezahlt werden kann, also machen wir uns auf eine lange Rundtour in den kaum 50 Meter entfernten Ortsmittelpunkt, während Urs und Christiane über die Insel spurten. Im Ort findet sich ein Einkaufsladen, ein Restaurant und die Fedje Ocean Distillery. Eine Gemeinschaft von über 1‘100 Investorinnen (jawohl, nur als weibliche Personen gelesene Menschen dürfen dort investieren) produzieren dort Bier, Gin und Whisky. Mit etwas Glück können wir anschliessend mit zwei anderen Inselbesuchern die Seilfähre für den Rückweg nutzen. Wir haben für das Nachtessen im einzigen Restaurant Pernille reserviert (nach 18 Uhr war schon alles ausgebucht) und machen nochmals die Rundtour. Das Essen ist ausgezeichnet, auch das Fedje-Bier schmeckt gut, der nette Wirt gibt uns für den Rückweg auch die Fähre frei.





Die Wetterprognosen welche uns fast konstant „ein Mix aus Sonne und Wolken“ bescheren (und dabei den Regen gerne ein bisschen untertreiben) wird ein weiteres Islandtief in Richtung unserer Küste geschoben, so dass wir uns etwas ins Innere verziehen müssen. Mit schönem Südwind fahren wir nach Vikginvagen, eine grosse Bucht mit lehmigem Grund auf 6 Metern Tiefe. Das Wasser sieht allerdings dunkelbraun aus, auch ein Bächlein am Ufer führt eher dunkles Wasser in die Bucht – das liegt wohl an den moorigen Flächen im Umfeld der Bucht – das Vorspülen mit Meerwasser des Nachtessens-Geschirrs entfällt aber heute. Der Anker hält trotz einiger Böen – und der Skepsis einzelner Crewmitglieder – gut und wir wachen am Morgen mit Westwind auf.


Der Wind frischt weiterhin auf und wir kommen mit Genuasegeln schnell weiter in die Richtung der geschützen Innenfjorde voran. Der kleine Ort Eivindvik scheint uns geeignet, um allenfalls zwei Tage abzuwettern und die wanderlustigen Crewmitglieder auf einen Berg zu schicken. Wir landen am Steg vor dem Einkaufsladen, ein weiteres Segelboot liegt auch schon da. Zwar ruppeln die Böen kräftig am Boot, aber wir liegen hier gut und sicher, es gibt neben Toiletten und einer Dusche auch eine altertümliche Waschmaschine, welche wir nutzen können. Am Dienstag gehen unsere Gäste auf eine Bergwanderung und wir nehmen die fünf Kilometer zum Gulatinget unter die Füsse. Eine eindrucksvolle Anlage mit steinernem Kunstwerk von Bård Breivik – dessen Steinpark wir in Rosendal schon besucht hatten – erläutert den von 900-1300 genutzten Versammlungsort („ting“) der Wikinger und damit die Wiege der Wikingergesetzgebung. Am Dienstagabend kommt ein weiteres Segelboot an den Steg – zwei Norweger aus Frederikstad sind auf dem Weg in die Lofoten von Bergen bei ziemlich stürmischem Wetter in einem Tag hierher gesegelt. Für heute meldete das norwegische Wetteramt Orkanwarnung für die Gewässer um Fedje, von wo wir vor zwei Tagen weg sind – wir haben unser Timing offensichtlich gut gewählt.








Am Mittwoch entschliessen wir uns, trotz anhaltendem Wind von meist über 20 Knoten (und Spitzenböen von 40.2 Knoten) weiter nach Askvoll zu fahren. Allerdings ohne Segel und mit Rückenwind, der uns die hohen Windgeschwindigkeiten kaum spüren lässt, aber bis zu 8 Knoten Fahrt beschert. Wir machen während einer Böenpause im kleinen Hafen fest, müssen allerdings noch einmal umparkieren, da eine grosse Zahl der „Gästeplätze“ offenbar dauervermietet sind. Aufgrund der weiter anhaltenden Windstärken und prognostizierten Regenfronten (die allerdings immer wieder mit einem „Mix aus Sonne und Wolken“ auch zu Temperaturen von 18 Grad führen) bleiben wir auch am Donnerstag in Askvoll. Den Ruhetag nutzen wir für eine Taxifahrt ins benachbarte Holmedal, wo sich die bekannte Messerfabrik „Helle“ befindet. Im unprätentiösen Shop finden sich allerlei Outdoormesser, Urs kann nicht widerstehen. Zurück geht es mit dem Bus am Fjordufer entlang.






Den letzten Tag für unsere Gäste beginnen wir unter Segeln mit Rückenwind bis dann die Regenfronten uns in den Salon zwingen. Wir machen in Florø dort fest, von wo die Kiry (ebenfalls eine Sirius 35DS, die wir schon einmal in Schweden kennengelernt haben) am Morgen wieder Richtung Norden wegfuhr. Wir werden sie wohl noch irgendwo treffen. Die grosse Steganlage verlassen zwei weitere Segler und wir sind nun mit der SY Felizia und ein paar Motorbooten fast allein. Auch die Matarikicrew ist nun wieder allein, Urs und Christiane reisen heute via Flugzeug wieder nach Oslo und am Samstag nach Hause. Wir hatten eine schöne Woche zusammen, haben gekreuzt und mit (fast) allen Arten von Segeln gesegelt, Dinghyfahrten gemacht, Bord- und Hafenküche genossen und teilweise auch mit Dieselwind schöne Buchten und Häfen besucht.





Am Samstag verlassen wir Florø und praktizieren Fjordsegeln. Hinein geht es teilweise rasant mit über 7 Knoten, hinaus eher etwas unstet. Aber kein Regen, ab und zu scheint sogar die Sonne. Wir passieren den Hornelen, der mit 860 Metern in die Höhe ragt und anscheinend die höchste Meeresklippe Europas sein soll. Gfürchige Steilwände, in denen sich auch einige Kletterer tummeln. Wir fahren an Maloy vorbei, der Hafen sieht nicht sehr schnuckelig aus und es geht noch ein bisschen weiter nach Silda. Nun sind wir auf 62° Nord. Bis zum Abend wird es ein sehr internationaler Platz: Schweiz, Deutschland, Dänemark, UK und Norwegen sind vertreten. Der Mix aus Regen und Wolken hält auch am Pfingstsonntag an – wir bleiben mal hier.









soll ich euch von meinen 36° in der Türkei etwas rüber schieben?
Auf ein paar Grad könnte ich hier verzichten. Liebe Grüße und weiter gute Reise, Hartmut
Sicherlich habt ihr in Florø auch feine Heringe gegessen. Laut Wikipedia hat der Ort ihnen seinen Ursprung zu verdanken. Danke für eure Reiseschilderungen!!
Herzliche Grüsse K&S