Das Wetter und die Winde bleiben in Ulsteinvik nicht sehr vorteilhaft, um die anspruchsvolle Route „rund Stad“ nun in der Gegenrichtung in Angriff zu nehmen.

Wir bleiben also bis Samstag hier. Die jeweils tagesaktuelle Travelmap wird nun mit wieder in violetter Farbe den „boat return trip“ wiedergeben, also die nun beginnende Reise zurück nach Schweden.
Am 20. Juni ist in Neuseeland bzw. der Südsee übrigens „Matariki“-Feiertag, also der Tag, an dem die Plejaden im Nachthimmel auftauchen. Wir feiern das etwas verspätet mit Trüffelchips und Prosecco. Ulsteinvik muss man ja nicht gesehen haben, aber wir erkunden jedes Geschäft und schauen uns die Häuser an. Mit wenigen Ausnahmen im allgemeinen weissen Holzbaustil, manchmal ein etwas moderner Flachbau mit grossen Fenstern. Etwas Farbe in den Hafen bringt die Hindholmen, ein historisches Fischereischiff, welches nun für Ausflüge genutzt wird. Am Freitagabend werden Getränke und Essen herangekarrt und später fährt das Schiff mit einer grossen Gesellschaft bei strömendem Regen auf eine nahe Insel. Das Grillieren wird wohl nur in einem Unterschlupf gelungen sein.



Am Samstag, 21. Juni, um 8 Uhr geht es dann aber los. Sehr wenig Wind, was aber auch sehr wenig Welle bedeutet. Wir sind nicht allein, es haben einige Segler auf dieses Wetterfenster gewartet. Dennoch sind die 2-3 Meter Dünungswellen beeindruckend, aber sie kommen langsam, mit grösserem Abstand und aus Richtung Nord und teilweise Ost daher. Es ist schon fast heiter und wir sehen diesmal auch die Felsen und die Landschaft von Stad.



Um 15 Uhr machen wir in Silda fest, wo wir schon auf dem Hinweg waren. Heute wird eigentlich der norwegische Midsommer, der „Sankt Hans“ gefeiert. Im nahen Restaurant ist deshalb auch ein „Festival“ angesagt – gemäss Programm norwegischer Folk, den wir uns entgehen lassen. Aber entsprechend ist der Steg ziemlich „busy“. Vor allem Motorboote kommen an, setzen teilweise nur Leute ab, welche zum Festival oder zum Sommerhäuschen gehen. In Ålesund wird am Abend auf einem kleinen Inselchen das grösste Scheiterhaufenfeuer Norwegens lodern – gemäss Marinetraffic mit einer stattlichen Anzahl Zuschauerschiffe. Das bedeutet nun aber auch, dass die Tage hier oben wieder kürzer werden – im Moment haben wir noch von 23:30 bis 04:00 Uhr „Nacht“.

Das bedeckte Wetter mit Nordwind am Sonntag nutzen wir, um wieder etwas nach Süden zu kommen. Wir finden im Hafenführer eine vorteilhafte Beschreibung von Knutholmen auf Kalvåg, also steuern wir diese Insel im Westen an, nachdem wir die „Rotaflua“ durchquert haben. Tatsächlich ein schönes Hotel mit Loungebar und einem guten Restaurant (etwas „teuer“, wie uns Norweger später kundtun werden – also Schweizer Preise). Rund um den Hafen hat es verschieden Hotelzimmer und auch weitere Hotels und Wohngelegenheiten. Sogar eine Kunstgallerie mit interessanten Bildern und Skulpturen findet sich hier. Es hätte Platz für viele Boote, aber wir sind nur zu dritt.











Einige Kreuzschläge gegen den nun wieder vorherrschenden Südwind führen uns nochmals nach Florø, wo wir die Gelegenheit zum Waschen und Einkaufen nutzen. Hier ist der Hafen schon deutlich voller, aber noch liegen hier keine Schiffe im Päckchen.



Mit Gegenwind machen wir auch am Dienstag nur einen kurzen Schlag und wagen uns bei diesem noch schwachwindigen Wetter noch weiter nach Westen. Vorbei an „Norwegens Pferd “, der Insel Alden, welche mit ihren 480 Meter hohen Hügeln einen markanten Orientierungspunkt für die Schifffahrt bildet.

Die Inselgruppe Værlandet und Bulandet gehören zu den westlichsten Fischersiedlungen Norwegens. Wie anderenorts auch hat der Tourismus aber auch hier die Fischerei als Haupteinnahmequelle abgelöst. Wir legen an einem ziemlich schitteren Steg in Værlandet an. Das Restaurant hat noch gar nicht aufgemacht, aber die Hafengebühr können wir dort trotzdem entrichten. Anschliessend werden wir mit Luzerner Dialekt darüber unterrichtet, dass es morgen dann Fischsuppe im Angebot habe und wir dann auch hier Frühstücken könnten. Eine Schweizerin, welche mit ihrem Mann seit mehr als zwei Jahren in Trondheim lebte, hat nun die Aufgabe übernommen, den Laden hier zu schmeissen. In der Nähe gibt es nämlich auch eine Art Apartmenthotel, welches an toller Lage Gäste beherbergt; es sei sehr gut gebucht.



Am nächsten Tag satteln wir unsere „Pferde“ und radeln 10km über die Inselwelt und sechs Brücken nach Bulandet. Wir queren eine eindrucksvolle Landschaft mit mal runden, mal spitzen Schärenbergen, kleinen Seen und tollen Steinformationen. Unser Ziel liegt auf 61°17 Nord und 4°37 Ost und dort findet sich der einzige Laden und das zweite Restaurant auf dieser Inselgruppe. Der Laden hat jeden Tag von 6-24 Uhr geöffnet; wenn niemand bedient, kann man in Selbstbedienung seine Ware scannen. Auf den Strassen begegnen wir auch einigen Autos – eine Fähre verbindet Askvoll und die Inseln und bringt auch Touristen hierhin. Am Nachmittag kehren wir zurück und geniessen später die etwas spärlich mit Fisch versehene Fischsuppe, da müssen sie noch etwas zulegen für den Rest der Saison…















Für die nächsten Tage sind wieder einmal Sturm und Regen angesagt. Wir verschlaufen uns also besser wieder und kreuzen mit Südwind gemütlich von den exponierten Inseln in den Sognefjord nach Leirvik i Sogn. Am einzigen Schwimmsteg mit Strom liegt eine verlotterte Segelyacht, deren Grosssegel schon ins Wasser hängt und auch sonst ziemlich tief liegt. Wir machen dahinter fest, da wir am nächsten Tag einen Ausflug planen und das Schiff hier immer noch dem 1,5 Meter hohen Tidenhub ausgesetzt ist. Das Restaurant entpuppt sich als nicht gerade besonders anmächelig und wir geniessen die Bordküche.
Wir haben beschlossen, den 44 Seemeilen langen Weg in den Sognefjord nicht auf eigenem Kiel zu unternehmen und gelangen so mit Bus und Schnellfähre in 2 (statt 10) Stunden nach Balestrand. Das Wetter ist wie die Aussicht sehr abwechslungsreich. Wir fahren über die mit 1’300 Metern tiefste Stelle des Sognefjords, welcher mit seinem über 200 Kilometern Länge auch der längste Fjord Europas und der zweitlängste Fjord der Welt ist (gute Arbeit geleistet, Slartibartfast). Um den Fjord herum steigen Berge bis zu 1‘000 Metern in die Höhe und in der Ferne sind Schneefelder und auch einige Gletscher zu sehen. Balestrand selbst war ab 1890 zeitweise ein „Künstlerdorf“ und an seinem Ufer liegt das Kviknes Hotel, welches als Norwegens grösstes Holzhaus gilt. Im „Norwegischen Tourismusmuseum“, welches direkt in den Fels gehauen bzw. gebaut und 2016 eröffnet wurde, erfuhren wir so einiges über die Geschichte des Tourismus und die Kultur der Sommerhäuser. Auch die Geschichte des Künstlerdorfs bzw. der damals in ganz Europa verbreiteten Bewegung (zurück zu „natürlichen“ Lebens- und Ausdrucksformen, siehe Monte Verità, Pont-Aven etc.) wurde sehr anschaulich dokumentiert. Zudem eine Sonderausstellung zu Catherine Hermine Kølle, der ersten Frau, welche mit dem Skizzenbuch weit gewandert ist. Im Kviknes Hotel waren auch viele Malerein und Holzschnitzereien aus der damaligen in eindrücklich gut erhaltenen Räumen zu bewundern.

















Die Prognosen für das Wochenende haben sich weiter verschlechtert: Nun sind orkanartige Stürme und „heavy rain“ angesagt. Also bleiben wir wohl oder übel in diesem eigentlich gut geschützten Hafen. Am Abend bekommen wir Besuch: Eine Hallberg Rassy 43 mit englischer Flagge und zwei Frauen an Bord möchte sich zu uns ins Päckchen legen. Obwohl sonst noch einiges an Platz am Hotelsteg gewesen wäre, wollten sie einfacheren Zugang zu Strom und Wasser. Natürlich bietet man den segelnden Kolleginnen Platz, obwohl dies in Anbetracht der aufkommenden Winde nicht günstig scheint. Allerdings beherrschen die beiden freundlichen Ladies ihr Metier und vertäuen sich gekonnt an uns und am Steg.
Am Ende des verregneten Samstags werden wir zu Ihnen zum Drink eingeladen und erfahren nun einiges über ihre Pläne. Die Skipperin hat schon als junge Frau auf Hochseeyachten als Crew gearbeitet und mehr als 100‘000 Seemeilen hinter sich und kann natürlich auch viele Geschichten erzählen. Ihr Mann ist kürzlich verstorben und statt zu Hause im Süden Englands im grossen Haus rumzusitzen, segelt sie nun mit abwechselnder Crew auf die Lofoten. Auch ihre aktuelle Mitseglerin, eine pensionierte Hausärztin, steuert spannende Geschichten bei. Sie sorgen sich auch ziemlich wegen der vorne liegenden Yacht und fürchten allerlei Szenarios, in welchem diese sinkt und uns irgendwie schädigen könnte. Offenbar gehört dieses Boot einer in Stavanger lebenden Person, die sich aber um nichts mehr kümmert und das Schiff hier verrotten lässt. Ortsansässige hoffen darauf, dass die tatsächlich sinkt…
Am Samstag wird noch Kuchen und anschliessend ein Zopfbrot gebacken. Wie es so passiert, geht das Gas genau einige Minuten später aus, nachdem der Zopf in den Ofen geschoben wurde. Mit einigen nicht wiederzugebenden Ausdrücken wird im strömenden Regen von der deutschen auf die skandinavische Gasflasche gewechselt und der Zopf kann fertig gebacken werden.
In der Nach auf Sonntag pfeift uns der Sturm tatsächlich mit 34,5 Knoten um die Ohren und es regnet nahezu unaufhörlich. Aber beide Schiffe überstehen das und wir feiern das am Sonntag dann zusammen mit einem Apéro auf der Matariki. Wir überstehen eine weitere windige und regnerische Nacht und auch die Schrottyacht ist nicht gesunken.
Mit immer noch bedecktem Wetter und böigem Ost und Südostwind fahren wir um 9 Uhr gemeinsam mit der Mansura, welche nun nach Norden fährt, los und brauchen aber in den engeren Fjorden die meiste Zeit den Motor für unseren Tagestrip in Richtung Süden. Nach dem stürmischen Wochenende steuern wir sowieso die Innenroute in Richtung Bergen an und machen nach einer kurzen stürmischen Passage schliesslich in Kjelstraumen fest. Hier gibt es im Wesentlichen ein Hotel mit Restaurant, einen Stellplatz für Wohnmobile und einige mietbare Hütten. Die Hafengebühr ist höher als sonst, obwohl keine „Extras“ dabei sind – ein Vorbote der nun beginnenden Ferienzeit? An der Steganlage drängeln sich allerdings nur zwei Schiffe.


Auf der Innenroute durch eine schöne Schärenlandschaft mit grünen Inselchen und seenartigen Abschnitten und aufklarendem Wetter geht es am ersten Julitag weiter nach Süden. In den nächsten Tagen ist Nordwind angesagt, den wir nutzen wollen, um mit Rückenwind etwas Strecke zu machen. Nördlich von Bergen machen wir nach vier Stunden am Gästesteg einer Marina in Litlebergen fest, da wir nicht nochmals nach Bergen wollen. Vor uns liegt eine 60 Fuss Yacht, welche früher am Volvo Ocean Race und letztes Jahr noch am Bergen-Shetland-Race mitgemacht hat. Und hier wieder einmal ein höchstens als taktischer Zwischenstopp geeigneter Hafen, in welchem man immer noch Kronenstücke für die Dusche braucht und sonst nichts anschauen muss! Dafür hat man Zeit, um den Hausgästen in der Schwitz, pardon, Schweiz, mit Rat und Tat fernmündlich zur Seite zu stehen 🙂





Zudem haben wir ein neues Projekt: Der Stuhl am Navitisch wackelt mehr als sonst üblich. Eine Inspektion bringt zutage, dass die kurzen Schrauben nicht mehr greifen. Immerhin können drei davon mit Bordvorräten provisorisch ersetzt werden. Einen anständigen Bootsladen mit entsprechendem Material findet man hier oben kaum mehr (Ausnahme war wohl der Maritim in Bergen); Auch für unsere Schubladenschlösser bzw. Druckknöpfe sollten wir bald einmal Ersatz beschaffen – die Reserven sind fast aufgebraucht.


Der Mittwoch begrüsst uns mit Sonnenschein und dem erhofften Nord/Nordwestwind. Zum ersten Mal seit Langem wird die wasserbeständige Latzhose wieder durch die normale Seglerhose getauscht und auch die Oberbekleidung stark reduziert; Sonnencreme aufgetragen und mit rassiger Fahrt kurven wir um Bergen und wieder etwas hinaus in die Inselwelt nach Bakkasund. Die letzte Passage ist ganz schön windig um wir rauschen der 20 Meter hohen Brücke entgegen, nach welcher sich das Meer und der Wind wieder beruhigen. Ferienzeit und schönes Wetter machen diesen Ausflugsort zu einem begehrten Ziel, wir sind aber früh genug dran und können noch ein Plätzchen zwischen den Motorbooten aussuchen. Wir geniessen den Sonnenschein und angenehme 20°, während die Freunde im Süden in der Hitze ächzen. Neben dem Einkaufsladen gäbe es 100 Meter gegenüber ein kleines Restaurant, welches man aber nur per Boot erreichen kann und auch nur tagsüber geöffnet hat. Im Ort und rundherum gibt es einige Häuser, die nun oftmals bevölkert sind.


Am Donnerstag geht es im selben Stil und sonnigem Wetter weiter, diesmal mit Genuasegeln vorbei an Bekkjarvik in den Fjord nach Leirvik auf Stord. Hier müssen wieder vermehrt Fähren und Frachtschiffe passiert werden.

Dieses Leirvik ist der Hauptort der Insel Stord und der Gästehafen liegt gut geschützt im Zentrum. Erneut steht ein Wetterumschlag mit viel Regen bevor, welchen wir hier aussitzen wollen. Wieder mal ist Waschen angesagt, Matariki putzen, Lesen und Blog schreiben, Dessert zubereiten und zum Frisör gehen (einen Termin beim Arzt ist leichter zu bekommen als einen Frisörtermin, die Skipperin hat ca. 5 Salons abgeklappert und alles Absagen bekommen bis es dann doch noch geklappt hat). Wir machen einen kleinen Stadtrundgang und bestaunen die nahe gelegene Skulptur „Stord-døra“ und geniessen das Nachtessen im gepflegten indischen Restaurant. Der Hafen ist bis zum Abend sehr gut gefüllt, vor allem mit grossen Motorbooten aus der näheren Umgebung – Ferienzeit, Wochenende und schlechtes Wetter treibt wohl viele in die Stadthäfen. Heute geht übrigens die Sonne (wenn wir sie denn sehen könnten) bereits vor 23 Uhr unter und erst um 04:30 wieder auf.





Das bringt uns – und die geneigte Leserschaft, die bis hier durchgehalten hat – nun zum Titel dieses Blogbeitrags: Wir haben dank einem Skandinavienhoch einen wunderschönen und oftmals sonnigen Mai hier in Norwegen verbracht. Schon damals befürchteten – wie bereits berichtet – einige Norweger, dass das nun der Sommer gewesen sei. Seit unserem Besuch auf Fedje jagten sich nun aber Island- und andere Tiefs über unseren Küstenabschnitt. Das beschert uns in der Regel südwestliche Starkwinde und Regenfronten im Vorfeld, eine Windpause mit schwachen Winden aus allen Richtungen im Zentrum und eine nordwindige Kaltfront danach. Entsprechend bleiben die Temperaturen nachts oft um die 10° C und kommen auch bei mildem Wetter tagsüber höchstens auf 15° C. In Mitteleuropa setzen sich Hochs fest, welche „unsere“ Tiefs nach Norden dirigieren. Nicht einmal das grosse Hoch „Yvonne“ konnte sich bis zu uns ausdehnen.
Da sich das Wetter nun einmal nicht ändern lässt, passen wir unsere Pläne meist tagesaktuell an, machen das Beste daraus und nutzen die Wetterfenster so gut es geht. Im Juni bedeutete dies im Sinne einer 2:5 Regel, dass wir in jeder Woche ca. 2 Tage passendes oder akzeptables Segelwetter hatten und uns die restlichen 5 Tage mit längeren Pausen, Landausflügen oder kurzen Schlägen durchmogeln mussten. Nun werden wir vor allem die Nordwinde nutzen, um bald nach Südnorwegen und damit hoffentlich in ruhigere und wärmere Gegenden zu kommen. Mal sehen, wie das kommt…
Hallo Ihr Lieben
Tolle Sachen seht ihr auf eurer Reise. Die Künstlerdörfer waren sicherlich interessant… und bin gespannt auf neue Ideen fürs Atelier!
Herzlich Regina
Liebe Agnes, lieber Thomas
Sue und ich drücken euch beiden ganz fest die Daumen, dass ihr mal etwas länger stabiles angenehmes Sommerwetter habt. Hut ab wie ihr aus den aktuellen Verhältnissen stets das Beste macht. Danke für eure Schilderungen und die schönen Fotos. Wie ihr sicher wisst, war es hier in Zürich einige Wochen extrem heiss. Jetzt dürfen wir seit ein paar Tagen wechselhaftes Wetter mit angenehmen 24 Grad geniessen. Die Pflanzen auf dem Dachgarten haben das auch sehr gerne. Auf bald wieder Klaus und Susanne