Endlich Sonnenschein und Wärme!

17. Juli 2025 | 1 Kommentar

Wir bleiben also noch zwei weitere Nächte in Leirvikbevor wir uns gegen Mittag weiter nach Süden aufmachen.

Nach dem Regen nun bedeckt, aber dafür kein Wind mehr. Die Passage nach Haugesund wäre bei Westwind ja sowieso wellig geworden – das bleibt uns nun erspart. Den Ausflug zum Inselchen Rovaer hatten wir schon 2019 gemacht und scheint uns angesichts der Ferienzeit etwas gewagt, da dort nur wenige Segelboote anlegen können.

Am Sonntagabend kommen wir in Haugesund an und finden vor dem Hotel noch einen Platz. Zwar kein Schwimmsteg, aber dafür sind wir der Monroe-Statue ganz nah und die Hoteltoiletten sind zahlreicher als im Gästehafen.

Am Montagmorgen geht es den Sund weiter nach Süden. Mit schönem Rückenwind und Genua nutzen wir den Ostwind und rauschen mit durchschnittlich 6 Knoten in Richtung Kvitsoy.

Die letzen zwei Meilen sind etwas ruppig, so dass wir die Insel „von innen“ anfahren. Dabei sehen wir eine riesige Baustelle am Nordostufer. Es handelt sich um die Austrittsstelle eines neuen Tunnels, welcher von der Stavangerregion über Kvitsoy in die Haugesundgegend führen wird. Irgendwo lesen wir, dass der Boknafjordtunnel mit 26,7 km der längste Unterwassertunnel der Welt werden wird. Der tiefste Punkt liegt 390m Meter unter der Wasseroberfläche und das Ganze soll 2033 in Betrieb genommen werden. Das eigentliche Ziel ist, die Städte Stavanger und Bergen schneller und ohne den heutigen Fährbetrieb zu verbinden. Warum allerdings die schöne und leicht verträumte Inselwelt damit „beglückt“ werden soll erschliesst sich uns nicht. Heute steht im Tourismusführer sinngemäss noch „lassen Sie das Auto am Fährstand stehen und nehmen nur das Fahrrad mit, um die Schönheiten der Inseln zu entdecken“.

Wir finden einen gerade passenden Stegplatz und geniessen zwei sonnige Tage auf Kvitsoy. Ein kleiner Küstenweg und der imposante Leuchtturm laden zum spazieren ein. Es hat  überall reichlich Schafe (und deren Exkremente), so dass der Blick nicht immer in die Ferne gerichtet sein sollte. Der Laden im Dorf ist gut bestückt und immerhin bis 18 Uhr „bedient“. Nachher ist Selbstbedienung natürlich mit einer App, für die es wieder einmal eine norwegische Bank-ID bräuchte…

An den Abenden füllt sich der Hafen gut, aber die meisten finden ein Plätzchen. Neben uns liegt ein junges Paar, welches sich dieses Jahr ein kleines Motorboot gekauft hat und nun in den Ferien von Stavanger aus die westlichen Inseln erkunden möchte. Etwas enttäuscht waren sie, als wir viele ihrer Reisetipps schon kannten.

Wir nehmen unseren Grill wieder einmal in Betrieb – bislang haben wir ausser in von Vereinen betreuten Naturhäfen hier kaum allgemeine Grillplätze gesehen – viele brutzeln dann halt am Steg. Wir geniessen zwei Entrecotes und den lauen Abend.

Bei einer abendlichen Inspektion des Schiffs folgt dann der Schreck: Das Expansiongefäss für die Kühlflüssigkeit ist schon wieder leer, obwohl es doch erst kürzlich aufgefüllt wurde. Der Motor hat zwei Kühlkreisläufe: Einer wird mit Meerwasser betrieben, das unten angesaugt und dann zusammen mit den Abgasen fröhlich  plätschernd wieder austritt. Der zweite ist ein innerer Kühlkreislauf, welcher mit „Coolant“ betrieben wird und eben in jenem Expansiongefäss in unserem Technikraum sichtbar ist. Ein weiterer Blick in den eigentlichen Motorraum ergibt, dass die Hauptbilge zwar trocken ist, sich in der kleineren Bilge unter dem Motor eine gelbe Flüssgkeit angesammelt hat. Die Konsistenzprüfung ergibt „ölig“ und die Farbe deutet auf das gelbe Coolant. Also wird mit einer Ölpumpe zuerst die Bilge leer gesaugt, was etwas über einen Liter dieser Flüssigkeit ergibt. Aber wie weiter? Erstens ist unser Vorrat an Coolant aufgebraucht und zweitens scheint da doch ein gröberes Problem vorzuliegen. Zuerst also Lecksuche mit Ausräumen der Zugänge zum Motor (beide Backskisten), was leider nichts Verwertbares erbringt, denn es gibt keine offensichtlich sicht- oder ertastbare Austrittstelle. Wir lassen den Motor kurz laufen und man sieht ein stetes Tröpfelchen. Ein angesprochener Segler kann uns sehr grosszügig („sailors help sailors“) mit Coolant aushelfen. Dieser ist zwar offizielles Volvo Penta Produkt aber orange und nicht gelb? Recherchen ergeben, dass es „safely“ mit unserem noch vorhandenen Coolant gemischt werden kann. Damit ist das Problem zwar nicht gelöst, aber wir können immerhin ohne grösseren Schaden anzurichten, den Motor weiter nutzen. Der freundliche Segler meint, das sei bei ihm auch schon passiert und es handle sich dabei doch sicherlich um ein kleines Problem. Er ruft „seinen“ Servicetechniker an, der leider schon in Griechenland in den Ferien ist, uns aber eine Volvo Penta Vetretung in Stavanger angeben kann, die das Problem lösen können sollte. Also fix angerufen und zuerst mit „next week“ vertröstet, dann nach einem kurzen Mailkontakt und genauer Schilderung der Symptome aber schon für „Thursday at 12 o’clock“ einen Termin erhalten. Wir räumen alles wieder ein und bleiben also noch eine (sorgenvolle) Nacht in Kvitsoy und fahren dann schon am Mittwoch nach Stavanger, um am Donnerstag nicht mit einem allenfalls heissen Motor dort anzukommen.

Die Fahrt nach Stavanger geht bei leichtem Wind dann grösstenteils nur mit Motor, was dieser aber gelassen hinnimmt. Natürlich ist dann wieder Coolant in der Bilge, aber wir haben genug Nachfüllmittel bekommen, so dass dies zu keiner Überhitzung geführt haben sollte. Der Werfthafen ist nicht gerade spektakulär, aber wir können immerhin nach einem kurzen Spaziergang einkaufen und am Abend den vielen grossen und schnellen Gummibooten (Ribs) beim Tanken und Parkieren zuschauen – sie sind heute für Passagiere aus zwei Kreuzfahrtschiffen in die Fjorde gebrettert…

Der Techniker kommt fast pünktlich und inspiziert von allen Seiten die Sachlage. Er kommt ebenfalls zum Schluss, dass irgendetwas hoch oben leckt. Nach einigem Suchen hat er einen Verdächtigen isoliert: Ein Schlauch, welcher die sich unter Hitze ausdehnende Flüssigkeit wieder ins Expansiongefäss zurückführt, ist ölig. Da er – zwar gut isoliert – auf dem Motor aufgelegen war, hat sich dort der innere Gummischlauch wohl erhitzt und ein Leck verursacht. Gesagt, getan: Er ersetzt den Schlauch, wir füllen neuen Coolant nach und nach einer Warmlaufprobe ist das stete Tröpfelchen Geschichte. Welche Erleichterung: All die Problemszenarien mit langem Aufenthalt, keine Techniker und/oder Ersatzteile verfügbar in den Sommerferien oder gar ernsthaftes Problem mit dem Motor sind weg. Wir können unsere Reise mit ein paar Tagen Verzögerung fortsetzen.

Schon am Donnerstag fahren wir die kurze Strecke nach Tananger die erste Stunde unter Motor. Kein neuer Tropfen fällt in die Bilge! Dann segeln wir nach Tananger, wo wir wie Stavanger eigentlich ja gar nicht hin wollten, aber nun der Ausgangspunkt für die längeren Strecken nach Egersund und dann an die Südküste ist.

Auch hier werden wir wieder einmal von einer „border control“ durch die Polizei beglückt. Ein einheimischer Stegnachbar versteht das Ganze auch nicht, er liege seit 14 Jahren hier und habe bis zu diesem Jahr noch kaum solche Kontrollen gesehen (die Norweger werden ja nicht kontrolliert – offenbar reicht eine norwegische Flagge am Schiff, um verschont zu werden).

Am Freitag geht es dann nach Egersund. Mit Gross und Genua, Rückenwind und Welle von hinten und schon etwas Sonnenschein geht es mit bis zu 8 Knoten die Küste hinunter. Kurz hinter uns fahren nun auch Peter und Eva mit ihrer „Nele“ von Kvitsoy herkommend. Wir haben für unser Schmetterlingssegeln mit ausgebaumter Genua gerefft, als es mit 18 Knoten von hinten blies. Wir sehen zwei kurze Wendemanöver der Nele auf dem AIS-Kurs – wollen die wieder zurück? (Ja, was macht man auf solchen einfachen Kursen wohl – man schaut, was die Seglerfreunde so machen.) Sie kommen dann aber doch etwas nach uns in Egersund an: Ihr Grosssegel liess sich nicht richtig reffen und hat dann die Mastrutscher rausfliegen lassen und den Lazybag beschädigt. Wir laden sie zum Anlegetrunk ein und tauschen die bisherigen Erlebnisse aus. Nachtessen in Form von Fish&Chips gibt es in der Fonn Brygge, wo wir auch frischen Lachs etc. erstehen können.

Mit Peter’s Talenten liess sich der Schaden am nächsten Tag gut beheben. Wir bleiben auch noch eine Nacht, waschen und füllen die Vorräte. Im Gegensatz zum ersten Besuch im Mai sind nun alle Geschäfte geöffnet, sogar ein ganzes Arsenal an Food-Ständen belebt die Szene. Am Abend nochmals ein gemeinsamer Apéro mit weiterem Klönschnack.

Die Fahrt weiter hinunter am Sonntag verläuft dann aufgrund von Flaute weitgehend unspektakulär mit dem Motor. Wir biegen kurz vor Hydra, deren Häfen wir schon kennen, in eine kleine Bucht bei Fureholmen ein. Die ist zwar nicht in Norskehavenguide verzeichnet, aber Lomax-Führer kurz erwähnt. Nette kleine Bucht, mit Bojen für kleine Motorboote, der Anker hält beim zweiten Versuch gut. Hohe Felsen erheben sich rundherum und ein kleines Bächlein fliesst in die Bucht. Bis am Abend finden sich aber doch vier – nicht-norwegische – Segelyachten ein. Bald wird auch klar, warum der sonst sehr gut dokumentierte Norskehavenguide hier nichts verzeichnet hat: AIS funktioniert hier nicht! Nett wie der Skipper ist, führt er den Guide nach und nun ist auch dieser Naturhafen dort verzeichnet. Die Nele fährt nach Kirkehamn an den Steg der nun geöffneten Isbua. Seit unserem Besuch 2019 haben dort die Besitzer erneut gewechselt, scheinen aber zumindest restaurant-mässig wieder auf Kurs – der Steg könnte ein Update verdienen.

Nach einer sehr stillen Nacht geht es am Montag weiter um die sonst eher wind- und wellenmässig problematischen Gebiete vor Lista und Lindesnes. Aber wir haben die Wetterprognosen gut studiert, fahren um 5:45 Uhr los. Zuerst rasantes Segeln, ab Lista bis Lindesnes dann ohne Welle, aber nur mit Motor gegen den leichten Ostwind mit kurzen Segelversuchen nach Süden –  wo wir aber nicht hinwollen. Vor dem Leuchtturm Lindesnes dann aber wieder zweieinhalb Stunden kreuzen und gegen Mandal segeln, wo wir nach 10 Stunden etwas durchgewellt ankommen.

Auch Mandal ist wieder „erwacht“, es gibt morgens Brötchen auf das Boot geliefert und in den Gassen ist tagsüber ein ziemliches Gedränge. Dafür hat Edgar’s Bakeri auch wieder auf und wir ruhen einen weiteren Tag hier aus. Nun ist auch der Sommer in Südnorwegen eingekehrt – wir schwitzen das erste Mal! Die norwegische Crew der „Layana“ hat unser Schiff gesehn und fragt schüchtern an, ob sie das Boot, das sie natürlich schon im Internet gesehen haben, auch einmal „live“ besichtigen dürfen. Selbstverständlich – wir sind uns die Kommentare „mein Traumschiff“ etc. ja schon gewohnt. Sie meinen, wenn sie ihr Sommerhäuschen verkaufen, könnte der Tausch gegen ihre 42er Sun Odyssee klappen. 🙂 Offensichtlich fand lange Zeit ein Wildwuchs an Sommerhäuschenbauten statt – man hofft allgemein auf mehr Reglementierung, damit nicht die ganze „Wildnis“ zugebaut wird. Ein weiterer Stegnachbar macht Fotos von unserm Bug, weil er das Arrangement mit Fock, Genua und Code-Zero so gelungen findet… Auf einem weiteren norwegischen Nachbarschiff verrät uns eine Dame, dass ihre Vorfahren alle Virnamen wie „Heiri“, „Kaspar“ und „Ueli“ gehabt hätten – sie seien vor vielen Jahr(hundert)en nach Norwegen gekommen und hätten den Einheimischen unter anderem auch beigebracht, wie man Käse macht… Im Bootsladen finden wir endlich einen Ersatz für einen defekten Bimini-Knopf, die Liste der benötigten (kleinen) Ersatzteile wird ja doch immer länger. Am Dienstagabend werden wir zu einer herrlichen Lasagne auf der Nele eingeladen und lassen den Tag mit vielen Geschichten ausklingen.

Nun ja, der „Preis“ für die sommerlichen Temperaturen und den Sonnenschein ist: Ostwind vom Skandinavienhoch! Wie beim Velofahren – wir wollen ja jetzt vorwiegend nach Osten…

Die Strecke am Mittwoch fahren wir mit kurzen Segeleinlagen wieder einmal mit Dieselwind. Der Olavsund ist ein populärer Naturhafen in der Nähe von Kristansand und entsprechend gibt es hier auch „Karibikfeeling“: Sonne pur, klares Wasser und 17 Segelschiffe nebst ungezählten Motorbooten in einer Bucht. Hier soll der heilige Olav Schutz vor Verfolgern gesucht haben und sein Gesicht sei auf einem Felsen zu sehen. Die Monogramme mehrerer Mitglieder des norwegischen Königshauses sind in eine der Felswände auf Helgøya eingemeißelt. Auf Helgøya befindet sich auch eine Küstenfestung der deutschen Armee mit restaurierten Befestigungsanlagen und in Stellung gebrachten Kanonen. Etwas grauslich angesichts der aktuellen Lage in den heutigen Kriegsgebieten. Aber an den Ufern ist viel los: Bis in die Nacht wird gesungen, geschwatzt und getrunken.

Von der Nele, welche vor uns in Mandal auslief, erhalten wir dafür eine (weitere) Schreckensnachricht: Beim Ankern in ebendieser Bucht ist ihr Anker „verlorengegangen“, Kette und Schäkel waren noch dran? Offenbar ist der Kettenwirbel gebrochen und sie müssen nach Kristiansand, um im dortigen Bootsladen einen Ersatz zu beschaffen.

Wir nehmen am Donnerstag einen „kleinen“ Schlag von 16 Meilen unter den Bug und kreuzen weiterhin tapfer gegen den weiterhin herrschenden Ostwind an. Die erste Bucht in Buhomen ist ziemlich voll, aber wir versuchen, mit dem neuen Heckanker an den Holzsteg zu fahren. Einige Meter vor dem Ziel stoppt aber die Matariki – es geht nicht mehr weiter. Wir fahren zurück und wollen es ein zweites Mal versuchen. Irgendwie klappt aber das mit dem Einholen des Heckankers nicht. Wir realisieren irgendwann, dass sich eine grosse, schwere Trosse im Heckanker verfangen hat. Wir bringen sie mit Kraft und einigen unschönen Wörtern nicht vom Anker weg. Erst eine lange Rückwärtsfahrt befreit uns von dem Ungetüm und wir können die unwirtliche Bucht verlassen. Der neue Heckanker funktioniert perfekt, gegen die Trosse hatte aber auch er keine Chance. Wir nehmen die nächste nahe Bucht in Angriff. Hier in Torsøya ist es viel ruhiger und der Anker fällt auf 7 Metern Tiefe. Zum ersten Mal seit vielen Jahren sehen wir auch zwei „Ankerbälle“ – deutsche Gründlichkeit auch beim Ankern J Bei Sonnenschein und fast 30 Grad geht die Skipperin für eine Erfrischung auch das erste Mal ins Wasser, der Skipper behält die Quallen im Auge.

1 Kommentar

  1. Enno

    Liebe Agnes
    Lieber Thomas
    Eure Berichte sind immer toll und die Lust auf mehr Skandinavien wächst, danke.
    Und das Schwimmen, war es sehr kalt?
    Was sind das für speziellen modernen kleinen Häuser? (5.Foto von oben)

    Weiterhin Mast- und Schotbruch
    Enno